Neptun
Planet der wilden Stürme
Die Entdeckung Neptuns erfolgte im Jahre 1846 durch J. G. Galle mit Unterstützung von H. L. d’Arrest. Vorangegangen waren gezielte Störungsrechnungen, um die beobachteten Abweichungen der Uranusbahn von den errechneten Werten erklären zu können. Die dabei vorausgesetzten Parameter eines transuranischenPlaneten wichen jedoch von den realen Verhältnissen ab. Durch die Verkettung glücklicher Umstände trat aber zwischen berechnetem und beobachtetem Ort nur eine Abweichung von 55′ auf. Zur Beobachtung von Neptun sind auf jeden Fall ein Fernrohr und die genaue Kenntnis seiner Position notwendig. Wegen des geringen scheinbaren Durchmessers erscheint er meist nur als ein sternförmiges Objekt.
Im Vergleich zu Uranus hat Neptun ein normales Rotationsverhalten. Der langsame Umlauf um die Sonne führt zu Polarnächten bzw. -tagen mit einer Länge von bis zu 82 Jahren. Neptun strahlt 2,7mal soviel Energie ab, wie er von der Sonne erhält. Die meteorologische Aktivität ist intensiver als bei Uranus. Markante Wolkenwirbel prägen das Antlitz des Planeten, wobei die Lebensdauer dieser Strukturen jedoch nur im Bereich von Jahren zu liegen scheint. Auch die Ausbildung der hoch liegenden Zirruswolkenfelder ist starken Veränderungen unterworfen. Über den Wolken befindet sich Dunst. Die Atmosphäre zeigt eine wenig auffallende Bänderung. Im Gegensatz zu den anderen Riesenplaneten treten überwiegend (hinter der inneren Rotation zurückbleibende) Ostwinde auf, die in der Äquatorregion wohl 2000 km/h erreichen. Lichtabsorption durch Methan bewirkt die bläuliche Färbung der Atmosphäre. Die oberste Wolkenschicht besteht ebenfalls aus Methan.
Von sehr hypothetischer Natur sind die Vorstellungen über den inneren Aufbau des Neptuns. Wie bei Uranus dominieren Sauerstoff, Kohlenstoff und Stickstoff bzw. deren Wasserstoffverbindungen gegenüber Wasserstoff und Helium. Der aus schweren Elementen bestehende feste Kern könnte die Größe der Erde haben. Die Mächtigkeit der Mantelschicht wird auf etwa 14000 km geschätzt. Darüber befindet sich eine gut bis zu 5000 km dicke Schicht mit womöglich stetigem Übergang zur Atmosphäre, in welcher der relative Anteil von Wasserstoff und Helium stark zunimmt. Das Magnetfeld des Neptuns ist (ähnlich wie bei Uranus) 47° gegen die Rotationsachse geneigt und um 0,55 Planetenradien versetzt. Der magnetische Nordpol befindet sich dabei wesentlich tiefer im Planeten als der Südpol! Am Äquator beträgt die Flussdichte deshalb ca. 20 bis 390 % der des Erdmagnetfeldes. Die Magnetopause befindet sich in Richtung auf die Sonne in einer Entfernung von 6,2 bis 7,4 · 105 km vom Planeten. Den irdischen Verhältnissen entgegengesetzt ist die Feldorientierung. Dynamoeffekte im Mantel des Neptuns werden wohl das Magnetfeld anregen. Die hohe elektrische Leitfähigkeit entsteht dabei durch Ionisierung der Mantelmaterie oder möglicherweise durch einen Übergang von z. B. Kohlenstoff in die metallische Phase (Elektronenentartung) infolge hohen Drucks.
Die Neptunringe bestehen überwiegend aus dunklem, staubförmigem Material und sind masseärmer als die von Uranus. In einem Ring existieren Verdickungen, die wahrscheinlich aus größeren Brocken gebildet werden. Diese entstanden möglicherweise durch gravitative Einflüsse benachbarter Monde. Die innerhalb der Tritonbahn gelegenen Monde werden mit Kratern bedeckt sein. Trotz von zum Teil verhältnismäßig großen Durchmessern treten merkliche Abweichungen von der Kugelgestalt auf. Triton hat eine kraterarme Oberfläche von komplizierter Struktur, die aus Gräben, Mulden und größeren Senken gebildet wird („Warzenmelonenterrain“). Über die Gestaltung der Nereide liegen bisher keine genauen Daten vor. Das Satellitensystem von Neptun unterscheidet sich in seinem Aufbau merklich von denen der anderen Riesenplaneten. Nur einige innerhalb der Bahn des Tritons gelegene Monde entsprechen in ihrer Anordnung einem regulären System. Der einzige große Mond Triton läuft auf einer 157° geneigten und damit rückläufigen Bahn! Berechnungen haben ergeben, dass dieser Orbit instabil ist. Triton wird deshalb irgendwann einmal die Rochegrenze Neptuns überschreiten und durch Gezeitenkräfte in eine Vielzahl kleiner Bruchstücke zerlegt werden, von denen die meisten in den Neptun stürzen werden. Der Mond Nereide hat die exzentrischste Bahn (ε = 0,75) unter allen bekannten Planetenmonden. Die äußersten Satelliten umlaufen Neptun auf stark geneigten, zum Teil retrograden und ebenfalls sehr exzentrischen Bahnen. Aufgrund der großen Entfernung zur Sonne reicht der gravitative Einflussbereich von Neptun weiter in den Raum hinaus als bei den inneren jupiterartigen Planeten, so dass bereits Monde in Abständen von mehr als 40 Mio. km vom Planeten entdeckt werden konnten. Weiterhin befinden sich bei den Lagrangepunkten L4 und L5 der Neptunbahn Ansammlungen von Planetoiden (Trojaner).