Jahreszeiten
Phänomen der Jahreszeiten
Im Verlauf eines Jahres wechseln sich die Jahreszeiten in gewohnter Reihenfolge ab. Nach dem Winter folgen der Frühling, der Sommer, der Herbst, und im darauffolgenden Winter schließt sich der Kreislauf der Jahreszeiten. Jahr für Jahr aufs neue. Ein Jahr ist der Zeitraum, in dem sich unser Planet Erde einmal um sein Zentralgestirn, die Sonne, herumbewegt. Der Astronom Johannes Kepler erkannte, daß sich die Planeten auf Ellipsenbahnen um die Sonne bewegen. Auf ihrer Bahn um die Sonne kommt somit die Erde der Sonne mal mehr, mal weniger nahe. Weit verbreitet wird dieser Sachverhalt als Auslöser für das Phänomen der Jahreszeiten gedeutet. Dem ist aber nicht so. Gerade zur Zeit, wenn bei uns Winter ist, hat die Erde den geringsten Abstand zur Sonne. Die tatsächliche Ursache für das Vorhandensein von Jahreszeiten liegt in der Neigung der Rotationsachse unseres Planeten zur Bahnebene um die Sonne. Die Neigung beträgt rund 23,5°. In Folge dessen ergeben sich unterschiedliche Möglichkeiten der Beleuchtung der Erde durch die Sonne. Einmal wird die Nordhalbkugel dann wieder die Südhalbkugel mehr beleuchtet.
Der Einfallswinkel der Sonnenstrahlen und die Sonnenscheindauer sind entscheidend für die Erwärmung der Erdoberfläche. Auch die Sonnenscheindauer ist jahreszeitlich verschieden. Die Unterschiede in der Sonnenscheindauer sind an den verschieden langen „Tagbögen“ der Sonne bemerkbar.
Hier werden die extremen Gegensätze sofort sichtbar. Im Winter kurzer Tagbogen, kurze Sonnenscheindauer und geringe Mittagshöhe der Sonne über dem Horizont lassen die Tagestemperaturen nur gering steigen. Anders im Sommer. Lange Sonnenscheindauer, hoher Sonnenstand, und es wird warm auf der entsprechenden Erdhalbkugel.
Der geringen Schwankungen unterliegende Abstand der Erde zur Sonne sorgt dafür, daß die Nordhalbkugel während des Nordwinters etwas mehr Energie als die Südhalbkugel während des Südwinters erhält. Im Sommer sind die Verhältnisse gerade umgekehrt. Die unterschiedliche Länge der einzelnen Jahreszeiten wird dadurch bewirkt, daß die Erdbahn elliptisch ist, und die Erde deshalb die Sonne nicht mit gleichmäßiger Geschwindigkeit umläuft.
Beobachtungen der Sonne von Auf- bis Untergang ließen in früheren Zeiten den Eindruck entstehen, die Sonne drehe sich um die Erde, wie auch die Planeten und die Sterne in der Nacht. Bei genauer Beobachtung des nächtlichen Sternenhimmels stellt man auch jahreszeitliche Veränderungen fest. Also muß sich der Standort der Sonne unter den Sternen ändern.
Bedingt durch die Bewegung der Erde um die Sonne entsteht eine scheinbare Bewegung der Sonne unter den Sternen. Die sich dabei abzeichnende vermeintliche Linie wird als scheinbare Jahresbahn der Sonne, als Ekliptik bezeichnet. Sie verläuft am Sternenhimmel durch dreizehn Sternbilder. Zwölf von ihnen hatten eine astrologische Bedeutung und stellen in der Mehrzahl Tiere dar, daher auch die Begriffe Tierkreis und Tierkreissternbilder.
Bei der Ekliptik handelt es sich also um eine scheinbare Linie, verursacht durch die Bewegung der Erde um die Sonne. Ähnlich wie die Erde umlaufen auch die anderen Planeten unseres Sonnensystems die Sonne. Sie bewegen sich (bis auf Merkur) nahezu in einer Ebene. Von der Erde aus betrachtet, entsteht auch bei ihnen im Laufe eines Jahres eine scheinbare Jahresbahn am Sternenhimmel vergleichbar mit der Ekliptik. Sie hat aber nichts mit der tatsächlichen Bewegung der Planeten gemein. Die scheinbaren Planetenbahnen befinden sich in der Nähe der Ekliptik (auch die Mondbahn). Deshalb werden wir nie den Mond oder einen Planeten zum Beispiel in der Nähe des Polarsterns entdecken können, sondern nur da, wo auch die Sonne „wandelt“.
Der Erd- und der Himmelsäquator liegen in einer Ebene. Die Ekliptik ist um rund 23,5° zum Himmelsäquator geneigt, so kommt es, daß sich diese beiden Kreise einander zweimal schneiden. Steht die Sonne in einem dieser Schnittpunkte, beträgt die Dauer von Tag und Nacht je zwölf Stunden. Man spricht von der Tagundnachtgleiche (Äquinoktium). Sie tritt zum Frühlings- und Herbstanfang ein. Ihren höchsten Stand über dem Himmelsäquator erreicht die Sonne zum Sommeranfang, ihren tiefsten zum Winteranfang. Man sagt auch Sommer- oder Wintersonnenwende (Solstitium).
In Zusammenhang mit der Neigung der Erdachse zur Bahnebene ergeben sich auf der Erdoberfläche besondere Beleuchtungszonen. So gibt es eine beiderseits des Äquators liegende Zone von 47° Breite, in der die Sonne im Laufe eines Jahres zu Mittag im Zenit stehen kann. Dies ist die tropische Zone auf der Erde. Ihre nördliche und südliche Begrenzung stellen die Wendekreise dar. Interessante Variationen der Jahreszeiten entstehen in den Polarregionen unserer Erde. In den Gebieten jenseits des nördlichen und südlichen Polarkreises treten Polartag bzw. -nacht auf, die mindestens 24 Stunden, an den Polen jeweils ein halbes Jahr (halber Bahnumlauf um die Sonne) dauern.
Jede Jahreszeit mit all ihren Begleiterscheinungen auf der Erde oder am Sternenhimmel hat ihre ganz besonderen Reize. Übrigens soll das Vorhandensein von Jahreszeiten sich begünstigend auswirken auf die Entstehung von Leben auf einem Planeten.
Jahreszeiten auf den anderen Planeten im Sonnensystem
Auf Merkur und Venus gibt es praktisch keine Jahreszeiten. Bei beiden Planeten ist der Äquator nur sehr wenig gegen die Bahnebene geneigt. Zusätzlich gleicht die dichte und heiße Atmosphäre der Venus Temperaturunterschiede wirksam aus. Die Rotationsdauer von Merkur und seine Umlaufzeit um die Sonne stehen in einem Verhältnis von drei zu zwei zueinander. Der Tagbogen der Sonne ist praktisch an jedem Merkurtag gleich. Mars hat eine sehr erdähnliche Tageslänge und Äquatorneigung. Umwälzungen in der Atmosphäre im Marsfrühjahr und -herbst bewirken einen globalen Transport von Staubteilchen, der sich in Veränderungen von Größe, Helligkeit und Färbung der Oberflächeneinzelheiten bemerkbar macht („Dunkle Welle“). Jahreszeitliche Veränderungen treten ebenfalls in den Polregionen des Mars auf, wo das Eis der Polkappen abschmilzt oder sich anreichert. Schon mit Amateurteleskopen mittlerer Größe können diese Beobachtungen gemacht werden.
Der Äquator von Jupiter hat nur eine geringe Neigung gegen dessen Bahnebene. Im Vergleich zur gesamten Planetenoberfläche sind die Polarzonen somit nicht sehr ausgedehnt. Zwar dauern Polartag und -nacht fast bis zu 6 Jahren; die enorme Wärmekapazität der Atmosphäre gleicht aber Temperaturschwankungen aus.
Saturn zeigt dagegen jahreszeitliche Effekte in seiner Atmosphäre. Zum Beispiel bildet sich etwa alle 30 Jahre zu Beginn des Saturnnordsommers ein ausgedehntes helles Wolkengebiet auf seiner Nordhalbkugel heraus.
Extreme Jahreszeiten herrschen auf Uranus. Infolge der großen Äquatorneigung gegen die Bahnebene liegt die Oberfläche größtenteils sowohl in den Polarzonen als auch in der tropischen Zone! An den Polen dauern Tag und Nacht je etwa 42,5 Jahre! Zur Zeit erhält die Nordhalbkugel von Uranus immer mehr Licht. Langfristige Beobachtungen zeigen eine verstärkte meteorologische Aktivität auf ihr in Form von infrarothellen Wolken und des erstmaligen Nachweises eines dunklen Wolkenwirbels.
Neptun hat eine „normale“ Äquatorneigung. Die Länge von Polartag bzw. -nacht beträgt an den Polen sogar fast 83 Jahre! Jahreszeitliche Effekte sind möglicherweise weniger ausgeprägt als bei Uranus. Nach neueren Beobachtungen ist der zur Zeit ständig besonnte Neptunsüdpol um 10 Kelvin wärmer als seine Umgebung.